Carry Hauser (1895-1985)

 

Kindheit und Jugendjahre in Wien

Carry Hauser wird als Karl Maria Hauser am 16. Februar 1895 in Wien geboren. Sein Vater ist Beamter im Ministerium des kaiserlichen Hauses und des Äußeren, seine Mutter Maria Hauser, geb. Linke, die Tochter eines mährischen Gutsbesitzers. Carry Hauser und sein um drei Jahre älterer Bruder Heinz werden von der Mutter, einer Lehrerin, zunächst zu Hause unterrichtet. Hauser wächst in einem kunstinteressierten Umfeld des Wiener Bildungsbürgertums, mit häufigen Theater- und Ausstellungsbesuchen, auf. Von 1905 bis 1910 besucht er das Schottengymnasium in Wien und wechselt danach für zwei Jahre an die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Parallel absolviert er an der Kunstgewerbeschule einen Abendkurs für ornamentale Formenlehre bei Franz Cižek.

 

Kunstgewerbeschule, Erster Weltkrieg und die Zeit danach

Ab 1912 besucht Carry Hauser für zwei Jahre die Kunstgewerbeschule, zuerst die Klasse für Allgemeine Formenlehre bei Oskar Strnad und im zweiten Jahr die Klasse für Naturstudium bei Adolf Böhm. Während dieser Zeit erhält er in der Allgemeinen Abteilung unter der Leitung von Alfred Roller eine grundlegende künstlerische Ausbildung, die von einem ausgedehnten praktischen Werkstattunterricht, mit unterschiedlichsten Techniken, geprägt ist. Zudem besucht er den Abendakt bei Oskar Kokoschka, die Klasse für Aktstudium bei Anton von Kenner, die Ornamentale Formenlehre bei Franz Cižek und Schrift und Heraldik bei Rudolf von Larisch. Im November 1914 erfolgt sein frühzeitiger Austritt aus der Kunstgewerbeschule, bei Ablegung sämtlicher Prüfungen, und im gleichen Monat tritt er als Freiwilliger in die Armee beim Deutschmeisterregiment als k. k. Deutschmeister ein. Nach Ausbildung zum Offizier wird er zum Ersten Infanterieregiment nach Österreich-Schlesien transferiert, wo er seinen Kriegsdienst im heutigen Polen, in der Ukraine und der Tschechischen Republik verrichtet. Gegen Ende des Krieges hält er sich in Czernowitz auf und

arbeitet an Bildern für eine Regimentsausstellung. Die Kriegserlebnisse, der Kontakt zu intellektuellen und pazifistischen Kreisen und vor allem der Tod seines Bruders Heinz prägen ihn und lassen ihn, zum Pazifisten geläutert, aus dem Krieg hervorgehen. Nach Kriegsende wieder in Wien, knüpft Hauser unter anderem Kontakte zu dem Kunsthistoriker, Kunstkritiker und Sammler Arthur Roessler sowie dem Dramatiker Franz Theodor Csokor, für den er Bühnenbilder- und Kostüme entwirft. Hauser ist Gründungs- und Leitungsmitglied (bis 1922) der Künstlervereinigung Die Freie Bewegung, die Ausstellungen internationaler zeitgenössischer Kunst organisiert. Gleichzeitig arbeitet er als Buchkünstler für den Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte, der vor allem moderne österreichische Literatur publiziert. Von Beginn an widmet er sich neben der bildenden Kunst auch intensiv dem Theater und der Literatur. Im Oktober 1919 findet die erste Personale von Carry Hauser im Haus der Jungen Künstlerschaft in den Räumen der ehemaligen Wiener Galerie Miethke statt.

 

1920er und 1930er Jahre – Wien und Hals

Von 1919 bis 1922 lebt Carry Hauser abwechselnd in Wien und in Hals bei Passau, wo er in einem Atelier im Nebengebäude des Nonnenklosters arbeitet. Im Februar 1920 beginnt  Hauser mit dem Nächtebuch, einer Folge von hundert Traumzeichnungen. Er begegnet dem Komponisten Josef Matthias Hauer, reist nach München zu einer George Grosz-Ausstellung und hält sich in Berlin auf, wo er den deutschen Expressionisten Ludwig Meidner besucht. Beeinflusst von der Psychoanalyse und Traumdeutung Sigmund Freuds, wird das Thema des Traumes ab 1920 zu einem Leitthema in seinem Schaffen. Neben George Grosz sind in den 1920er Jahren auch die Werke von Otto Dix prägend für Hauser. Als einer der wenigen Künstler in Österreich widmet er sich auf sozialkritische Weise dem Phänomen der Nachkriegsgesellschaft. Seit 1921 ist Hauser Mitglied der Künstlervereinigung Der Fels, zusammen mit Georg Philipp Wörlen, Fritz Fuhrken, Franz Bronstert und Reinhard Hilker. Die Gruppe existiert von 1920/21 bis 1927 und konzentriert sich vor allem auf die Herausgabe von Mappenwerken und Druckgrafiken. Am 11. Oktober 1922 heiraten Carry Hauser und Gertrude Herzog (1894-1953) in der Votivkirche in Wien. Sie ist Altphilologin, Pädagogin und als Lehrerin und Direktorin im Gymnasium in der Rahlgasse tätig. 1932 habilitiert sie als erste Frau in Klassischer Philologie an der Universität Wien und setzt sich in diesen Jahren für die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen im Schul- und Bildungswesen ein. Ab 1934 engagiert sich Carry Hauser auch für die Vaterländische Front und arbeitet als Bundestreuhänder für bildende Kunst in einem österreichisch-patriotisch motivierten Programm. Sein Engagement ist von einer starken links-katholischen Überzeugung geprägt. Ab Mitte der 1930er Jahre äußert sich Hauser immer wieder vehement gegen die zunehmende Macht und den Einfluss der Nationalsozialisten. Im Februar 1934 wird sein Sohn Heinz Theodor Friedrich geboren.

 

Carry Hauser und der Hagenbund

1923 stellt Carry Hauser im Rahmen einer Gastausstellung der Freien Bewegung zum ersten Mal im Hagenbund aus. Im Jahr darauf übernimmt er eine Funktion in der Bundesleitung des Hagenbundes und wird 1925 zum Vizepräsidenten ernannt. Von 1925 bis 1938 wird er als Mitglied des Hagenbundes geführt und zeigt seine Arbeiten regelmäßig in Ausstellungen. 1927 wird Hauser Präsident des Hagenbundes und beginnt sich verstärkt für die Künstlervereinigung zu engagieren. Er erreicht bei der Gemeinde Wien eine Subvention für ein Bauvorhaben in den Ausstellungsräumen der Zedlitzhalle. Anlässlich der 54. Ausstellung des Hagenbundes im Jahr 1927 hält er eine Rede zu Inhalt und Form eines Kunstwerks. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird der Neue Hagenbund als eine Form der Wiedererweckung des Hagenbundes gegründet. Für kurze Zeit ist Carry Hauser als einziges Mitglied aus der Zwischenkriegszeit beim Neuen Hagenbund beteiligt.

 

Emigration und Exil

Aufgrund seiner politischen Einstellung wird über Hauser 1938 ein Berufs- und Ausstellungsverbot verhängt. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 spaltet die Familie Hauser. Trude Hauser flüchtet aufgrund ihrer jüdischen Herkunft bereits im August in die Niederlande, ihr Sohn Heinz gelangt mit einem Kindertransport zunächst nach England und wird von dort zur Mutter in die Niederlande gebracht. Carry Hauser selbst reist nach Zürich und plant im Dezember 1939 die Weiterreise nach Melbourne in Australien, wo er einen Lehrauftrag hat. Der Ausbruch des Krieges macht seine Pläne zunichte und er bleibt bis 1947 im Exil in der Schweiz in der Gegend um Zürich. Während der Kriegsjahre ist er vor allem literarisch tätig. Er verfasst mehrere Bücher, schreibt unter einem Pseudonym Radiobeiträge, illustriert einen Prosaband und arbeitet unentgeltlich als Freskenmaler. Während des Schweizer Exils hat er Kontakt zu Fritz Wotruba, Albert Ehrenstein und besucht

Eugenie Schwarzwald. Seine Frau und sein Sohn Heinz können sich in Holland durch den Aufenthalt in einem Kloster vor der drohenden Deportation schützen. Nach Ende des Krieges ist die Rückkehr nach Wien aufgrund von Bestimmungen der Schweizer Behörden für Carry Hauser schwierig. Mit Unterstützung seines Freundes, des Schriftstellers Franz Theodor Csokor und des Kulturstadtrats Viktor Matejka kehrt Hauser 1947 wieder nach Wien zurück und die Familie ist nach einer siebenjährigen Trennung wieder vereint.

 

Wiederaufbau in Wien

Die Heimkehr nach Wien ist für Carry Hauser auch emotional schwierig, viele seiner Freunde sind ermordet oder emigriert. Durch die Unterstützung von Viktor Matejka kann Hauser künstlerisch wieder Fuß fassen, doch findet er eine völlig veränderte Situation vor. Die moderne Kunst der Zwischenkriegszeit ist in Vergessenheit geraten, junge Künstler orientieren sich an internationalen Strömungen und der konservative Kunstgeschmack der Nationalsozialisten lässt sich nicht so einfach abschütteln. Hauser beginnt, sich für einen Wiederaufbau der modernen Kunst- und Kulturlandschaft seiner Heimat einzusetzen. Er verfolgt die Veranstaltungen des Art Clubs und ist an der Gründung des Neuen Hagenbundes beteiligt. Er intensiviert seine Zusammenarbeit mit Theater- und Literaturkreisen und ist von 1947 bis 1973 Mitglied des österreichischen P.E.N. Clubs, dessen Generalsekretär er 1952 wird und wo er bis 1972 auch als Vizepräsident fungiert. Im Jahr 1947 findet eine Personale mit 50 Werken aus der Zeit nach 1938 in Lincoln in den USA statt. 1949 erhält er den Preis der Stadt Wien für Grafik und Angewandte Kunst. 1951 tritt er aufgrund von internen Unstimmigkeiten als Präsident des Neuen Hagenbundes zurück. Er ist seit 1952 Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes der österreichischen Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus, Mitbegründer und zeitweise Vizepräsident der Berufsvereinigung Bildender Künstler Österreichs, Mitglied des Kuratoriums des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes und Präsident der Aktion gegen Antisemitismus sowie Präsident der Föderation Moderner Bildender Künstler Österreichs. In den 1950er Jahren zeichnet er die Illustrationen zum Buch Das Weltbild der Moderne von Karl Renner und arbeitet für die Gemeinde Wien an mehreren Keramikmosaiken (u. a. Voltagasse 1210 Wien, Märzstraße 1150 Wien, Theresienbad 1120 Wien, Simonygasse 1180 Wien).

 

Reisen – Afrika, Israel und Kroatien

Ab den 1960er Jahren unternimmt Carry Hauser regelmäßige Reisen nach Kroatien, Israel und vor allem nach Afrika. Auf diesen Reisen entstehen zahlreiche Skizzen, in denen er die Natur und die Menschen vor Ort festhält. Gleichzeitig beteiligt er sich an internationalen Ausstellungen, 1960 im Kunstverein Braunschweig und in der Galerie de Bourgogne in Paris, 1964 folgt eine Personale in Jerusalem. Ein Jahr später, 1965 erhält er die Goldene Ehrenmedaille und 1985 den Ehrenring der Stadt Wien. Bis zu seinem Lebensende sind es vor allem die Erlebnisse seiner Afrika-Reisen, die ihn künstlerisch am stärksten prägen. Den Anfang seiner Liebe zu Afrika macht 1967 eine Kreuzfahrt auf einem Frachtdampfer über Gibraltar und den Suezkanal nach Südafrika. Es folgen mehrere Aufenthalte in Ost- und Westafrika, u. a. in Freetown in Sierra Leone, in Mombasa in Kenia, in Kamerun, auf Sansibar in Tansania, auf Djerba und in Tunis. Hauser findet in Afrika etwas, das er wohl in seiner Heimat vermisst und beschreibt dies mit folgenden Worten: „…Afrika hat eine Substanz

– die Afrikaner haben eine Substanz – die mich gepackt hat, so, daß alles, was ich in der letzten Zeit geschrieben, was ich gemalt habe, mit Afrika zu tun hat, und aus diesem afrikanischen Erlebnis entstanden ist, weil ich hier noch etwas sehe, was ich für eine Aussicht für die Welt halte…“

 

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